Rodney Graham |
Eine indianische Weisheit besagt, man solle absteigen, wenn man bemerkt, dass man ein totes Pferd reitet. In einem ironischen Diptychon karikiert Rodney Graham blinde Fortschrittsgläubigkeit in kunstvollem Rückgriff auf die Kulturgeschichte. Klingt im Bildtitel „Folly“ schon die Satire moriae encomium [Lob der Torheit] an, wird auf dem mechanischen Gaul vollendet ihr Verfasser, Erasmus von Rotterdam, in Szene gesetzt: Die Darstellung erinnert an ein Bildnis des Universalgelehrten von Hans Holbein dem Jüngeren. Statt in einem Standardwerk der frühen Neuzeit liest der Wiedergänger jedoch im Telefonbuch von Vancouver, Grahams Wahlheimat. Konzeptuelle Referenzen sind maßgeblich für das Werk von Rodney Graham. Feststehende kanonische Elemente werden einer sympathisierenden Revision unterzogen und verwandelt. Das zweigeteilte Bild kann als Spiegel der Zeit verstanden werden, in Zusammenklang mit der zitierten Windfahne: Diese wird meteorologisch in die Lage des geringsten Widerstandes gedreht, also genau entgegen der Richtung, aus der der Wind kommt. Der Blick nach vorn ist unwillkürlich stets ein Blick zurück. [...]
Katalogauszug fast forward 2. The Power of Motion Media Art Sammlung Goetz Herausgeber: Ingvild Goetz und Stephan Urbaschek Ostfildern, Hatje Cantz, 2010 ![]() Rodney Graham, Allegory of Folly: Study for an Equestrian Monument in the Form of a Wind Vane, 2005 Leuchtkasten-Diptychon |