Das Museum für Neue Kunst im ZKM |
Heinrich Klotz
Das zum ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie gehörende Museum für Neue Kunst wird mit seinem zweiten Namen »Sammlermuseum« genannt. Wenn auch das Museum eigene Bestände der Malerei, Skulptur, Fotografie und Grafik, vor allem auch Werke der Medienkunst besitzt, so ist doch die besondere Aufgabe dieser neuen Kultureinrichtung, die großen privaten Kunstsammlungen im Lande der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aus dieser Aufgabenstellung bezieht das Museum auch die Rechtfertigung seiner Existenz. Vorweg sei gesagt, dass es auch Zweifel gegeben hat an der Gründung des Sammlermuseums. Vonseiten der Kritik ist eingewendet worden, Steuergelder zum Bau und zum Unterhalt einer Einrichtung zu verwenden, wo die reichen Bürger des Landes ihre Sammlungen unterbringen und zur Schau stellen. Eine kurzsichtige Kritik wie diese verkennt, dass der Öffentlichkeit daran gelegen sein muss, große Kunstschätze, die in privaten Bereichen, häufig in dunklen Depots gelagert sind, aus dem für den Bürger unerreichbaren Abseits ans Licht zu holen und allgemein zugänglich zu machen, ja buchstäblich sichtbar werden zu lassen. Welch ein großes Ereignis die öffentliche Präsentation bisher still gehüteter, privater Kunstschätze sein kann, hat die Ausstellung der Sammlung Berggruen in Berlin bewiesen. Wenn wir auch noch so viele Werke von Pablo Picasso und Paul Klee, von Alberto Giacometti und Georges Braque bereits anderswo haben sehen können, so ist doch die Ausstellung der Sammlung Berggruen zu einer Offenbarung geworden, zu einer Offenbarung des kaum Bekannten und zu einer Offenbarung einer Sammlungsindividualität. Auch im Karlsruher Museum für Neue Kunst treten viele noch unbekannt gebliebene Werke ans Licht und erweitern den Begriff manch bedeutender Künstler wesentlich. Vor allem die Werke der vergangenen Jahrzehnte, die wegen ihrer hohen Kunstmarktpreise von den öffentlichen Museen nur noch eingeschränkt, jedoch von privater Seite in umfänglicherem Maße erworben werden konnten, bilden eine wertvolle Bereicherung unserer Anschauung und unseres Wissens von den bedeutenden Künstlern der Gegenwart. Im Grunde ist eine angemessene Einschätzung dieser Künstler ohne Kenntnis der privaten Sammlungen gar nicht mehr möglich. Während die Reichen ihr Geld normalerweise in Grundstücke, Autos oder Segeljachten investieren, ist die Investition in ein Kunstwerk eine weitaus weniger verlässliche Anlage. Zumindest gilt dies für Werke heutiger Kunst, die noch keine feste Einschätzung erfahren haben. Es ist eine andere Art von Risiko, anstelle eines Parkgrundstücks zwei Quadratmeter bemalter Leinwand zu erwerben. Es ist nicht selbstverständlich, wenn es überhaupt kapitalkräftige Bürger gibt, die ihr Geld nicht in Immobilien oder Goldbarren anlegen, sondern Kunst kaufen und diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Die Museumsdirektoren wissen, dass sie im Grunde auf die Sammler angewiesen sind, wenn sie überhaupt noch einen angemessenen Überblick über die Kunst der Gegenwart geben wollen. [...] Katalogauszug "just what is it..." Herausgeber: Götz Adriani und Peter Weibel, Ostfildern (Hatje Cantz), 2009 |