Erst im 20. Jahrhundert wurde die Aleatorik in die Musik eingeführt. Bei diesem musikalischen Kompositionsprinzip legt der Komponist nicht alle Einzelheiten einer Komposition selbst fest, sondern überlässt einiges dem Zufall. Es gab aber schon im 18. Jahrhundert Komponisten, die sich – damals eher auf unterhaltsame Art – mit dem Zufall beschäftigt haben. Der Mozart-Würfel geht auf ein „musikalisches Würfelspiel“ zurück, das zwei Jahre nach Mozarts Tod unter seinem Namen veröffentlicht wurde. Mit Hilfe dieses musikalischen Würfelspiels kann jeder (fast) unendlich viele verschiedene Walzermelodien selber komponieren. Für jeden Takt stehen dabei 11 verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Insgesamt sind es 16 Takte, es ergeben sich also 1116 = 45 949 729 863 572 161 verschiedene Walzermelodien (wegen einiger Dopplungen sind es genau genommen etwas weniger). Der Erfinder des Würfelspiels konnte nur einen winzigen Bruchteil aller Möglichkeiten selbst ausprobieren, es würde nämlich über eine Milliarde Jahre dauern, bis alle Möglichkeiten gespielt wären. Man würde daher erwarten, dass mitunter musikalischer Nonsens entsteht – erstaunlicherweise klingen aber alle Versionen „sinnvoll“. Dafür sorgt vor allem ein kompositorischer Kunstgriff des damaligen Erfinders: Allen Versionen liegt dasselbe Harmonieschema zugrunde. Der Mozart-Würfel setzt das musikalische Würfelspiel in Form eines Spielautomaten um. Der Besucher kann per Mausklick Melodien „erwürfeln“ oder gezielt zusammenstellen und sich vorspielen lassen. (Text: Götz Dipper)
Götz Dipper (*1966 in Stuttgart) studierte Cello an der Musikhochschule Hannover und am Mozarteum in Salzburg. Später befasste er sich intensiv mit Computermusik und Informatik. Seit 2001 arbeitet er als Systemadministrator am ZKM | Institut für Musik und Akustik.
Götz Dipper, Mozart-Würfel, 2007, interaktive Klanginstallation, ZKM | Institut für Musik und Akustik