ZKM | Media Museum, 18.06.2011–29.01.2012
Peter Weibel
* 1944 in Odessa (Ukraine)
Lebt und arbeitet in Karlsruhe und Wien
www.peter-weibel.at


Werk in der Ausstellung:
· Mechanik der Organismen - Organik der Maschinen, 1994


Weibel_Mechanik_ZKM

Mechanik der Organismen - Organik der Maschinen, 1994
Der Titel des Werks besteht aus zwei Genitiven, die sich über den in ihrer Mitte angeordneten Spiegelstrich reziprok zueinander verhalten. Die leere Autokarosserie zeigt, wieso der VW Käfer heißt: Die Wölbung des Gehäuses erinnert an den Panzer eines Käfers. Die Form der Karosserie wirkt wie ein Schild; daher liegt der umgedrehte Schild einer Schildkröte auf dem Dach des Käfers. Der Schild der Kröte spiegelt sich im Panzer des Käfers, und beide verweisen auf die biologischen Ursprünge der Karosserieform des Automobils. Abstrahiert heißt das: Organische Formen setzen sich in anorganischen mechanischen Apparaten fort. Dies ist nur möglich, da schon im Organischen, in Organismus und Körper, Elemente des Mechanischen, Apparativen und Anorganischen angelegt sind.
Die im Titel vorweggenommene, rein intellektuelle Abbildung des Sachverhalts durch Sprache wird durch das Werk in die visuelle Erfahrungswelt erweitert. Die Auflagefläche des Schildkrötenpanzers auf dem Autodach entspricht dem Spiegelstrich im Titel, ein Scharnier, über das die mimetische Genialität des Menschen (im Sinne der Bionik) mit der evolutionären Genialität der Natur verbunden wird. Die Physik der Natur wird durch den Menschen in die Physik der Technik überführt. So äußert sich das menschliche Verständnis der Natur in Naturwissenschaft und Technik.
(Timo Haubrich)


Abbildung:
Peter Weibel, Mechanik der Organismen - Organik der Maschinen, 1994
© ZKM | Karlsruhe, Foto: Anatole Serexhe