Prominenz und Populismus Zu Pierre Bourdieus Ökonomie des immateriellen Reichtums* Georg Franck Der Adel der Mediengesellschaft ist die Prominenz. Ist die Prominenz aber auch deren Elite? Oder ist die in den Medien vorgeführte Prominenz eher das Produkt eines blühenden Populismus? Diese Fragen sind schwer vom Zweifel zu trennen, ob der Gegensatz von elitär und populär überhaupt noch geeignet ist, ein kulturelles Gefälle zu beschreiben. Sollte sich dieser Zweifel indes erhärten, dann wäre eines der Kernstücke der Gegenwartssoziologie betroffen. Pierre Bourdieus Soziologie der sozialen Ungleichheit ist eine Theorie der Differenz von elitärer und populärer Kultur. Bourdieu beschreibt die soziale Schichtung als ein Klassenverhältnis, das gerade nicht nur auf der ungleichen Verteilung ökonomischen Reichtums, sondern auch auf der ungleichen Verteilung kulturellen Vermögens und sozialer Beziehungen beruht. So ausführlich und triftig Bourdieus Beschreibung der »feinen Unterschiede« [1] ist, die die sozialen Klassen trennen, so platt und unscharf ist seine Kritik des Fernsehens.[2] Diese Kritik kommt über moralisierende Gemeinplätze und über die aus den Medien selber bekannten Klagen über den Verfall der journalistischen Sitten nicht hinaus. Es fehlt die theoretische Analyse der Verwertungsmechanismen, die hinter der Manipulation und dem Populismus der Massenmedien stecken. Dabei hätte man von einem Theoretiker, dessen Schlüsselbegriffe das kulturelle und soziale Kapital sind, doch erwarten dürfen, dass er auf die Verwertungslogik eingeht, die dem massenmedialen Geschäft der Attraktion und Lenkung von Aufmerksamkeit eigen ist. Medienprominenz Prominent ist, wer reich an Beachtung und für diesen Reichtum allgemein bekannt ist. Prominenz ist eine soziologisch objektive, an empirischen Kriterien festzumachende Kategorie. Die Elite ist kein so leicht festzumachender Begriff. Zur Elite darf sich zählen, wer in einem anspruchsvollen Metier Herausragendes leistet. Was anspruchsvoll ist und was nicht, entzieht sich der leichten Definition. Wer ist kompetent, den Anspruch zu setzen? Wonach bemisst sich der Abstand zwischen normal und herausragend? [...] Katalogauszug * Ursprünglich erschienen in: Berliner Debatte Iinitial, Bd. 11, Nr. 1/2000, S. 19–28. Die vorliegende Fassung ist leicht redigiert. [1] Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft; übersetzt von Bernd Schwibs und Achim Russer, Frankfurt/Main 1982 (französisches Original 1979) [2] Pierre Bourdieu, Über das Fernsehen, Frankfurt/Main 1998 (französisches Original 1996) |