Sockel. Vier Körper (Nr. 49, 1. Werksatz)
/// 1968 /// Partizipative Installation
/// Franz Erhard Walther


Nach Happening und Fluxus war es Franz Erhard Walther, der die Verwandlung vom Betrachter zum Gestalter bzw. Nutzer am deutlichsten und historisch am einflussreichsten realisiert hat. Zwischen 1963 und 1969 entsteht mit dem 1. Werksatz ein Ensemble von textilen Objekten, die den Betrachter in nicht fest vorgegebene Handlungssituationen versetzen und zur konkreten Benutzung und Auseinandersetzung einladen. So auch die hier gezeigte Arbeit Sockel. Vier Körper (Nr. 49, 1. Werksatz): Diese fordert die Besucher auf, in die Fußlöcher an den Ecken des quadratischen Stoffs einzusteigen und gemeinsam eine kommunikative Skulptur in der Zeit zu formen. Das entstehende „Objekt“ löst die Funktion des Sockels als statischer Block zur Erhöhung des ebenso statischen Kunstwerkes auf, zugunsten eines veränderlichen, formbaren Prozesses. Im Mittelpunkt von Walthers Werkhandlungen und Werkvorführungen stehen stets Prozesse der sinnlichen Wahrnehmung und Körpererfahrung sowie der Kommunikation. Entgegen der Auffassung vom autonomen, geschlossenen Werk folgt der Künstler dem Grundgedanken, „ein Werk aus Handlung aufzubauen“ und verschiebt damit den Fokus auf die Rezeption: Der Betrachter wird zum selbstverantwortlich Handelnden in Raum und Zeit und damit zum potenziellen Benutzer und Gestalter ästhetischer Formung. Bereits mit dem Buch Objekte, benutzen (1968) hat er den Begriff Nutzer ins Zentrum seiner künstlerischen Praxis gestellt. Walthers Kunstkonzeption verfolgt die Autorisierung des Rezipienten zum Produzenten, wobei das eigentliche Werk aber immateriell bleibt.

Franz Erhard Walther (*1939 in Fulda) lebt und arbeitet als Bildhauer, Konzept-, Installations- und Prozesskünstler in Halstenbeck. Studium an der Werkkunstschule in Offenbach a. M., ab 1959 Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt a. M., wo er 1961 aufgrund einer Kontroverse mit dem Klassenprofessor zwangsexmatrikuliert wurde. Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Karl Otto Götz (1962 bis 1964). 1967 bis 1971 lebte Walther in New York. 1971-2005 eine Professur für Bildhauerei an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. 1984 Berufung an die Hochschule für Bildende Künste Frankfurt a. M., die wegen unvereinbarer Auffassungen über Lehrfragen ein Jahr später wieder rückgängig gemacht wurde. Zu seinen Hamburger Schülern gehörten u.a. Lili Fischer und Jonathan Meese.

 


Franz Erhard Walther, Sockel. Vier Körper (Nr. 49, 1. Werksatz), 1968, partizipative Installation, Stoff, Stoffsack, Maße ca. 2 x 2 m, Leihgabe des Künstlers