Online-Archive zeichnen sich zumeist dadurch aus, dass die Inhalte auf hunderten einzelner Webseiten verteilt sind; das macht die Orientierung mitunter schwer. In der Installation NETZSPANNUNG.ORG – PERFORMING THE ARCHIVE wird die Dimension und Wirkungsweise des Online-Archivs netzspannung.org sichtbar. Was auf den Webseiten und Datenbankeinträgen der Medienkunstplattform nur sequentiell wahrnehmbar ist, bekommt durch unterschiedliche raum- und zeitbasierte Interfaces eine neue Anschaulichkeit. NETZSPANNUNG.ORG – PERFORMING THE ARCHIVE ist der übergeordnete Titel für eine Reihe von Arbeiten:

· Der „Medienfluss“ steht für Gedanken im Fluss, die der Betrachter anhalten und auswählen kann.
www.eculturefactory.de/medienfluss

· Die „Digital Sparks Matrix“ zeigt eine Vielzahl nebeneinander angeordneter Bilder des gleichnamigen studentischen Wettbewerbs, die mit virtueller Lupe vergrößert und mit dem „PointScreen“ berührungslos steuerbar werden.
www.eculturefactory.de/digital-sparks-matrix

· Die „Semantic Map“ ordnet mit Hilfe eines neuronalen Netzes und maschineller Textanalyse alle Informationen der Plattform und zeigt Information als Geflecht semantischer Beziehungen. Die Betrachter werden durch performative Interfaces in das Geschehen einbezogen.
www.eculturefactory.de/semantic-map

In der interaktiven Installation „Medienfluss“ fließen zwei parallele Medienflüsse, einer aus Bildern und einer aus Worten, als großformatige Datenprojektion durch den Raum. Der Wortfluss zeigt Schlagworte, Autoren und Titel der archivierten Dokumente. Über ein Text-to-Speech-Verfahren werden die Begriffe von Computerstimmen gesprochen. Als Index für die gezielte Suche übersetzt ein Touchscreen die fließenden Bilder in scrollbare Textbänder. Der „Medienfluss“ und seine bildhafte akustische Sphäre erzeugen einen Wissensraum in Bewegung.
Die PointScreen-Technologie basiert auf dem sog. „Electric Field Sensing“ (EFS) und nutzt das elektrostatische Feld des Menschen, um interaktive Anwendungen berührungslos zu steuern. Das Interface greift das Motiv der Matrix als unendliches Ordnungssystem auf. Jedes Feld der „Matrix“ repräsentiert mit einem Bild-Icon ein Medienprojekt. Eine virtuelle Lupe wird berührungslos über die „Matrix“ geführt. Für Museen und Archive bieten „Medienfluss“, „Matrix“ und die „Semantic Map“ eine Möglichkeit, große Teile des Bestandes oder gar den ganzen Bestand komprimiert aufzunehmen und ein Werkzeug für Detailbetrachtung anzubieten. Während die „Matrix“ ein überschauen des Browsens unterstützt, bietet die Lupe eine dynamische Einsicht bis ins Detail.
(Text: Monika Fleischmann/Wolfgang Strauss)

http://netzspannung.org
http://netzspannung.org/about/mars/projects
http://www.iais.fraunhofer.de/mars.html
http://www.youtube.com/user/eCultureFactory

Monika Fleischmann (*1950 in Karlsruhe) Medienkünstlerin und Leiterin der Media Arts & Research Studies (MARS) und der eCulture Factory des Fraunhofer Instituts IAIS. Sie war 1987 Mitbegründerin von Art+Com. Inszeniert interaktive Bild- und Tonrelationen. Studium Bildende Kunst und Computergrafik in Zürich und Berlin. Ausstellungen, Auszeichnungen, Publikationen, Vorträge und Lehre im In- und Ausland. 1992 Goldene Nica der Ars Electronica für interaktive Kunst.

Wolfgang Strauss (*1951 in Nürnberg) Architekt, Medienkünstler und Wissenschaftler. Leitet die Entwicklung der Mensch-Medium-Interaktion am MARS–Exploratory Media Lab des Fraunhofer IAIS und war Mitgründer von Art+Com. Entwickelt interaktive Architektur. Studium an der Hochschule der Künste in Berlin. Gastprofessuren, Fellowships, Vorträge, Ausstellungen im In- und Ausland. 1992 Goldene Nica der Ars Electronica für interaktive Kunst.

Abb.: "Digital Sparks Matrix", Installationsansicht
Foto: Marcus Meyer