Chris Toumey

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Ästhetische Quellen der Molekularwissenschaft

Ein nicht unwesentlicher Grund für die Popularität und Aktualität der Nanotechnologie ist die Verbreitung detaillierter, hochqualitativer Abbildungen von Atomen, Molekülen und Nanoobjekten, aufgenommen mit dem Rastertunnelmikroskop (RTM) oder Rasterkraftmikroskop (RKM). Der Nanokosmos wird mittels konventioneller Methoden in eine dreidimensionale Topografie umgewandelt. Hierbei treten allerdings Unstimmigkeiten zwischen Objekt und Repräsentation in Erscheinung. Da Nanoobjekte weitaus kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, handelt es sich bei den Farben, Schattierungen und anderen Qualitäten um willkürliche Darstellungshilfen. Die Abbildung eines Atoms oder Moleküls kann unmöglich wie ein Atom oder Molekül aussehen. Philosophen, Künstler und andere Gruppen haben dieses Paradox eingehend untersucht. Man sollte indessen nicht nur sehen, was an den Bildern falsch ist, sondern auch, was an ihnen der Realität entspricht. Enthalten sie brauchbare visuelle Anhaltspunkte? Um diese Frage zu beantworten, wenden wir uns ästhetischen Präzedenzfällen zu, etwa dem kubistischen Prinzip der Simultaneität (simultaneité), das uns zu interinstrumentalen Versuchstechniken führt. Durch die Anwendung ästhetischer Mittel gelingt es uns, visuelle Informationen aus den Nano-Bildern zu extrahieren, ohne deshalb aus den Augen zu verlieren, dass die Relation von Molekül und Abbildung Diskontinuitäten aufweist.

 


Biografie

Chris Toumey ist Kulturanthropologe und arbeitet insbesondere im Bereich der Wissenschaftsanthropologie. Er promovierte 1987 an der University of North Carolina und forscht derzeit am University of North Carolina NanoCenter. Seit 2003 lieg der Schwerpunkt seiner Arbeit auf den gesellschaftlichen und kulturellen Problematiken der Nanotechnologie, inbegriffen der Narrative des Ursprungs der Nanotechnologie, die Frage nach der Demokratisierung von Nanotechnologie und den Problemen und Loesungen in Bezug auf Bilder von Objekten im Nanobereich. Sein derzeitiger Forschungsbereich beinhaltet religioese Reaktionen auf die Nanotechnologie. Zu seinen Publikationen zählen unter anderem Conjuring Science: Scientific Symbols and Cultural Meanings in American Life (Rutgers University Press, 1996). Er schreibt ausserdem regelmässige Beiträge für die Zeitschrift Nature Nanotechnologie.