Jens Hauser

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Wie und warum werden Biomedien in der (Medien-) Kunst eingesetzt? Während die Technowissenschaften selbst immer häufiger zu potenten Gestaltern ästhetisierter Veranschaulichungen werden, wollen Künstler da konkurrierend die epistemische Kraft von Bildlichkeit in Anspruch nehmen? Oder benutzen sie Wetware auf molekularer und zellulärer Ebene, um semiotische Repräsentationsprozesse kurzzuschließen, indem sie die Authentizität ihrer biologischen Subjekte, Objekte, Abläufe oder Systeme inszenieren und bewusst herausstellen? Die Verwendung von Biomedien als künstlerisches Ausdrucksmittel nutzt deren überzeugende Glaubwürdigkeit und Wirklichkeitsnähe ebenso wie die manifest präsente Körperhaftigkeit, welche sich aus dem Status als biologische Einheiten ableitet, welche lebendig sind oder aus Lebendigem hervorgingen und somit dem Betrachter einer solchen Kunst gleichen. Während ihre faktische, offenbare oder zumindest potenzielle Lebendigkeit bei der Rezeption zunächst ein Gefühl der Unmittelbarkeit hervorruft, tritt die zugrunde liegende mediale und technologische Konstruiertheit jener Dispositve nach und nach bruchstückhaft und kryptisch zutage. Der visuelle und diegetische Kern biotechnologischer Kunstwerke verlangt daher eine eingehende Analyse, die nicht allein auf die Hermeneutik des Bildes, sondern direkt auf die künstlerischen Medien einschließlich ihrer phänomenologischen Wirkungen und epistemischen Verknüpfungen gegründet ist. Erscheinungen, die früher primär die Form von Kunstbildern annahmen, werden heute in eine verwirrende Vielfalt von Medien übersetzt, verstreut und fragmentiert. Das Medial-Technologische ist nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern vollwertiges Element der ästhetischen Sprache. Dennoch führen Biomedien in der Kunst historische Mechanismen der Authentizitätsproduktion fort, insbesondere jene von Illusionismus und Indexikalität.


 


Biografie

Jens Hauser lebt und arbeitet als Kurator, Autor und Kulturpublizist in Paris und forscht am Institut für Medienwissenschaft an der Universität Bochum. Sein Interesse liegt im Bereich der Interaktion zwischen Kunst und Technologie, sowie der genreübergreifenden und kontextuellen Ästhetik, insbesondere der Biomedialität und Wetware Paradigmen. Er war unter anderem Gastdozent an der School of the Art Institute of Chicago und an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich und ist Gründungsmitarbeiter des europäischen Kultursenders ARTE. Er hat Ausstellungen kuratiert wie beispielsweise L'Art Biotech (Nantes, 2003), Still, Living (Perth, 2007), sk-interfaces (Liverpool, 2008/ Luxemburg, 2009) sowie die Article Biennale (Stavanger, 2008), Transbiotics (Riga, 2010), Fingerprints... (Berlin, 2011) und Synth-ethic (Wien, 2011).