1986 Thek reicht bei der Stadt New York verschiedene Vorschläge für öffentliche Denkmäler ein, darunter The Worker's Throne (Der Arbeiter-Thron), eine auf einem Sockel stehende öffentliche Parkbank, The Child's Arc de Triumphe (Der Triumphbogen des Kindes), ein Klettergerüst, und riesige Taubenstatuen aus Bronze für die Brooklyn Heights Promenade. Keiner dieser Vorschläge wird jemals ausgeführt. Außerdem schlägt er eine radikale Umgestaltung von Richard Serras umstrittenem Tilted Arc in eine Art Arche Noah mit dem Titel Revised Ark (überarbeitete Arche) vor. Thek kommentiert seinen Entwurf: 'Dasselbe Geld, das es kosten würde, den Tilted Arc zu versetzen, sollte besser dafür ausgegeben werden, ihn humaner zu machen! Dabei würden alle gewinnen.' Thek nimmt an dem von Jan Hoet betreuten Project Chambres d'Amis in Gent teil. Zusammen mit Franz Deckwitz baut er ein kleines Environment im Haus von Romain Berteloot und Luanna Vlaemynck. Thek erhält mehrere Angebote aus Tübingen, Gent und Baden-Baden für Retrospektiven. Jochen Poetter und Dirk Teuber von der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden fangen an, eine Retrospektive vorzubereiten.
1987 Thek besucht das Kartäuser-Kloster in Arlington, Vermont. Im Januar schreibt er an Franz Deckwitz: 'Ich war mal wieder zu Besuch bei diesen Mönchen, aber dieses letzte Mal war ich in dem unglaublichsten Kloster meines Lebens... und ich denke ernsthaft darüber nach, einzutreten, wenn sie mich haben wollen. Sie haben mir natürlich gesagt, daß ich mittlerweile zu alt bin... aber daß es nicht unmöglich ist, ich brauchte nur einen speziellen Dispens aus Rom... aber es ist NICHT unmöglich. Es war eln WUNDERSCHÖNER WUNDERSCHÖNER ORT... Mich langweilt die sogenannte "Kunstwelt" noch mehr als sonst, diese blöden Leute, die so ein blödes, unnützes Zeug machen! Ich finde das heute unerträglich, es gibt solche Probleme auf der Welt, und diese "Künstler" spielen diese blöden Neo-Dada-Spiele oder machen sich Sorgen um "Ästhetik", "Eigenständigkeit", "Freiheit" und "Neues"! Es ist alles so traurig, ich selbst bin schon so lange darüber hinaus.' Später im Januar schreibt Thek an Deckwitz: 'Mein Arzt hat mir gesagt, daß es sehr danach aussieht, daß ich AIDS entwickle. Ich weiß nicht, was das heißen wird... außer, daß meine Hoffnungen zu diesem Zeitpunkt nicht sehr weit in die Zukunft reichen. Ich befürchte, daß ich nicht einmal die Chance haben werde, die Retrospektiven zu machen, selbst wenn sie endlich ihre Pläne zusammenkriegen... Ich weiß nur, daß mich diese endlosen Enttäuschungen und Frustrationen durch die sogenannte "Kunstwelt", diese blöden geistlosen Leute, körperlich und in meinem WILLEN sehr geschwächt haben! All dieses Drängen und Betragen hat meinen Geist gebrochen, und ich denke, so hat der Virus mich erwischt.' Und an Birgit Küng: 'Mein Arzt sagt mir, daß ich die AIDS-Antikörper im Blut habe. Das kann nichts zu bedeuten haben oder auch alles... Es gibt Leute, die mit derselben Diagnose seit 7 oder sogar 10 Jahren leben und gesund sind! Aber traurigerweise gibt es auch viele, die das NICHT sind... Ich denke, es wäre am besten, das dort KEINEM gegenüber zu erwähnen. Die Leute verstehen es nicht. Ich fühle mich GUT, trotzdem, und man sagt mir immer wieder, daß ich auch ok aussehe. Das heißt allerdings nicht, daß es mir tatsächlich GUT GEHT. Ich muß der Tatsache ins Auge sehen, daß ich möglicherweise nur noch ein paar Jahre leben werde, "vielleicht" weniger.' Über die Retrospektive schreibt er: 'Baden-Baden hört sich in der Tat sehr seriös an, ich habe vor ein paar Tagen einen Brief von Teuber gekriegt, und er scheint sich sehr für das Projekt zu engagieren. Versuche ihnen klarzumachen (wenn Du das dankenswerter Weise machen könntest), daß ich NICHT zu den sehr schwierigen Künstlern gehöre... sondern daß nur ein paar kleine sehr unprofessionelle europäische Galerien und Museen ein paar kleine sehr unprofessionelle Tricks mit mir versucht haben... Ich habe Baden-Baden geschrieben, sie sollten den Ausstellungstermin NICHT STREICHEN ODER VERSCHIEBEN, denn es wäre sehr schade, die Retrospektive NICHT zu machen, SOLANGE ich noch lebe! "Später" wäre es SEHR VIEL SCHWIERIGER.' Im Mai sagt Thek die Baden-Badener Retrospektive ab. Später schreibt er darüber an Harald Szeemann: 'Letztes Jahr hat mir die Kunsthalle Baden-Baden, Jochen Poetter, geschrieben und mich zu einer "Retrospektive" meiner Arbeiten eingeladen, die ich mit ihm zusammen dort machen sollte. Vor allem wollte er, daß ich die frühen "Installationen" von Stockholm,
Kassel, Luzern noch einmal neu mache,... aber natürlich haben wir KEINE VORSTELLUNG, was (wenn überhaupt irgend etwas) zur Zeit noch nicht gestohlen oder den Vandalen zum Opfer gefallen ist. Oder wenn es noch existiert, wo es sich befindet! Ich schreibe Dir das alles... in der Hoffnung, daß Du es so deprimierend und AMÜSANT findest, wie ich es finden mußte !' Im Mai hat Thek eine Ausstellung seiner Bilder auf Leinwand und Zeitungspapier in der Galerie Mokotoff in New York. Er schreibt an Franz Deckwitz: 'Die Ausstellung meiner Bilder hier in NYC war der TIP DER WOCHE in der Village Voice. Nach den vielen Jahren weg von den USA hat mich das sehr glücklich gemacht... Aber... ich habe, wie üblich, nichts verkauft... Ich habe alle Bilder zusammen auf eine Wand gehängt, sehr eng zusammen und alle SEHR NIEDRIG über dem Boden. Nichts an der Wand höher als meine Schulter, dann hingen Bilder bis zum Boden, und einige Bilder standen auf dem Boden an die Wand gelehnt. Davor ein paar Stühle, wie eine Theateraufführung. Alle Lampen aus, bis auf die für die Bilder-Wand. Es war ein Gefühl wie Wasser, wie IN einem Swimmingpool!'
1988 Thek erhält ein Künstlerstipendium der Krasner-Pollock Foundation. Er schreibt an Birgit Küng: 'Man hat mir gesagt, daß frühe Arbeiten von mir (Dinge, die ich gemacht habe, lange bevor ich nach Deutschland gegangen bin), die damals von "namhaften" Sammlern gekauft worden sind... ENDLICH einen Platz in NY-Museen kriegen werden. Ich habe mir selbst einen schlechten Dienst damit erwiesen, daß ich so lange in Europa geblieben bin.' Und an Charles Shuts: 'Meine vielen Jahre in Europa haben mir überhaupt nicht geholfen. Man muß begreifen, daß es hier in den chauvinistischen USA als kulturell verdächtig gilt, wenn man seine Zeit an besseren Orten verbringt, von Edward Hopper wird häufig der Satz zitiert: "Ich habe 10 Jahre gebraucht, um darüber hinwegzukommen, daß ich in Europa gelebt habe!" Die hübschen Bilder für die häßlichen Reichen haben mich nie interessiert, daher habe ich einen gewissen Ruf als "Störenfried". Ich hoffe, ich werde diesem Ruf gerecht, aber es päppelt nicht das hoch, was von meinem Prestige noch übrig ist. Ich werde von der Krasner-Pollock Foundation unterstützt, und es hat eine Menge verschiedener anderer ähnlicher Hilfen gegeben.' Im Februar lernt Thek durch die Kuratorin Tricia Collins die Galeristin Brooke Alexander kennen. Er schreibt an Birgit Küng: '[Alexander] möchte, daß ich eine neue Ausstellung für sie mache, aber ich habe keine Kraft und kein Interesse mehr. Ich fürchte... was an Arbeiten von mir da ist... ist das, was da sein wird.' Im Mai zeigt er Some New Works (Einige neue Arbeiten) in der Galerie Mokotoff im East Village. In dieser Zeit erklärt er sich bereit, mit Brooke Alexander zusammenzuarbeiten, und die Mokotoff-Ausstellung wird Anfang Juni als Selected Works 1987-1988 (Ausgewählte Arbeiten 1987-1988) bei Brooke Alexander Inc. neu installiert. Er schreibt an Franz Deckwitz: 'Jeder erzählt mir, die Ausstellung [in der Galerie Mokotoff] ist sehr schön, ich habe schon 2 Sachen verkauft... Außerdem bin ich zu einer Einzelausstellung im Greenville South Caroline Museum [sic] in diesem Herbst eingeladen worden (mit einem "großen Ankauf" plus einer Retrospektive im nächsten Jahr), Du siehst, als Amerikaner wollte ich eigentlich nicht wirklich eine DEUTSCHE Retrospektive, ich bin KEIN Deutscher, ganz und gar KEIN Deutscher! Wenn ich also lange genug lebe, werde ich anfangen, meine amerikanische Retro zu haben! Außerdem hat man mich als Novizen in einem Kartäuser-Kloster angenommen, aber sie wissen (noch) nichts von meinem kleinen medizinischen Problem, so daß ich (noch) nicht weiß, was passieren wird! Nach der Eröffnung seiner Ausstellung bei Brooke Alexander Inc. besucht Thek das Kartäuser-Kloster und bleibt bei Karl Stuecklen in Vermont. Ende Juli kehrt er, sehr krank, nach New York zurück und wird ins Krankenhaus eingewiesen. Er diktiert sein Testament. Robert Wilson erklärt sich bereit, die Rolle des Testamentvollstreckers zu übernehmen. Sheyla Baykal erinnert sich an Theks trockenen Humor, als er das Verfahren als 'Karrieresprung' bezeichnet. Paul Thek stirbt am 10. August 1988. Am 3. Dezember findet in der St. Mark's Church-In-The-Bowery in New York ein Gedenkgottesdienst, 'A celebration for Paul Thek' statt. Susan Sontag widmet ihr Buch AIDS and its Metaphors (1989) seinem Andenken.