notation
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Birgit Schneider
Mit bildnerischen Elementen operieren
Paul Klee und die Struktur der Weberei


Als ein Notationssystem im strengen Sinne kann man, Nelson Goodmans Symboltheorie folgend, ein Zeichensystem fassen, das auf einem begrenzten Vorrat an Zeichen gründet, die in ihrer Bedeutung eindeutig sind und sich nach eindeutigen Regeln miteinander kombinieren lassen. Aufgrund der logischen Anforderungen an ein Notationssystem besteht das Zeichenrepertoire meist aus abstrakten, einfarbigen und formal abgeschlossenen Zeichen, die sich einfach mit Stift auf Papier notieren lassen. Das Notationssystem steht in einem Übersetzungs- und Abstraktionsverhältnis zum Dargestellten und ist mithin ein Komprimierungsformat. Der Nutzen eines solchen Systems besteht darin, dass es neben der Eindeutigkeit in der Interpretation und der Wiederholbarkeit des Notierten auch die Planung auf der Grundlage von abstrahierten Zeichen erlaubt. Das Notationssystem in seiner strengen Anwendung steht hierbei für regelgeleitetes Operieren mit den Zeichenelementen, so dass die Ergebnisse, die das System hervorbringt, ebenso regelhaft und geordnet sind. Die spezifische Potenz dieser Zeichensysteme gründet also jenseits der reinen Speicher- und Aufschreibefunktion in ihrer generativen Dimension: Die Funktionen von Darstellen und Herstellen sind miteinander verschränkt.
Die generativen Dimensionen von Notationssystemen sind insbesondere für ihre Anwendung in den Künsten von großer Bedeutung. Für die bildenden Künste bergen sie das Potential, eine fruchtbare Methode für die Erzeugung neuer Bildordnungen zu sein. Mit diesem Ziel wurde ihr Potential so zum Beispiel in der systematischen Entwicklung vonMusterordnungen ausgelotet. Notationssysteme aus Punkt- und Linienformen entfalteten hier eine Operationalität, die sie zu Akteuren der Bildgenerierung macht. Dieses Operieren mit Elementen machten sich Weber und der Künstler Paul Klee in unterschiedlicher Weise zunutze, ein Vergleich ist Thema dieses Beitrags. [...]

Auszug aus: Hubertus von Amelunxen, Dieter Appelt, Peter Weibel in Zusammenarbeit mit Angela Lammert [Hg.], Notation. Kalkül und Form in den Künsten. Berlin: Akademie der Künste, 2008, S.269