
Tobias Rehberger: Som-Tam-Poo, 2004
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Raimar Stange
TR.? Überlegungen zum künstlerischen „Werk“ von Tobias Rehberger
1. Überschaut man das überaus breit gefächerte Œuvre von Tobias Rehberger, dann stellt sich angesichts der zahlreichen Vasen, diversen Autos, funktionstüchtigen Lampen, flackernden TV-Monitore, antiquiert anmutenden Holzskulpturen, popigen Fanartikel, großflächigen Wandgemälde, verschneiten Bäume ... schon einmal die Frage: Ist das wirklich alles von nur einem Künstler gemacht? In so vielen verschiedenen Medien außerdem ereignet sich diese Kunst, als Film und Zeichnung, als Skulptur und Installation, als „Design“ und „Mode“, als Lichtspiel ... – von dieser Diversität zeugt auch die Sammlung der Landesbank Baden-Württemberg, die mit ihren mehr als 40 „Rehbergern“ nicht nur ungewöhnlich viele Arbeiten des Künstlers besitzt, sondern auch einige Schlüsselwerke, wie etwa die frühe Arbeit Skulptur (1992) oder die Arbeitsgruppe One (1995), das erste „Blumenvasen-Porträt“ Rehbergers, dazu später mehr. Zudem findet diese Kunst statt im Innen- wie im Außenraum, im White Cube der Kunst wie im urbanen Alltag. Entspricht die bisherige Produktion von Tobias Rehberger also der, scheinbar postmodernen, Maxime des „sich täglich Neuerfindens“? Oder geht man mit dem Aufwerfen der Frage nach dem einheitlichen „Stil“ eines Künstlers nur seiner eigenen interpretatorischen Sehnsucht nach einer sich folgerichtig und „genial“ entwickelnden Künstlerpersönlichkeit inklusive ästhetischem Trademark auf den Leim? Betrachtet und liest man, dermaßen irritiert, daraufhin den retrospektiv angelegten Katalog Tobias Rehberger 1993–2008 [1] so verstärkt sich das Gefühl der Unsicherheit noch mehr, so viele unterschiedliche Sujets und Werkansätze nämlich sind dort versammelt. Die beiden Autoren in dem Katalog Tobias Rehberger 1993–2008 jedenfalls vermeinen dennoch eine TR.ademark für die Arbeit von Rehberger gefunden zu haben. Für Lars Bang Larsen ist sie, verkürzt formuliert, das interaktive Moment der Leben von Mensch und Objekt [2], für Daniel Birnbaum drückt sie sich in dem hybridhaften Charakter des „Bastards“ aus, den die „Werke“ des Künstlers auszeichnen. [3] Auch der dort interviewte Tobias Rehberger selbst deutet überraschenderweise eine gleichbleibende „Corporate Identity“ in seiner Arbeit an, nämlich dann wenn er über das Konzept des „romantschen Genies“ und dessen Anspruch auf Authentizität feststellt: „Ich hinterfrage permanent diese Sichtweise.“ [4]
Spannend erscheint mir daher anhand einer Analyse einiger ausgewählter Arbeiten Rehbergers, der im Folgenden kurz als TR. von mir benannt wird, aus der Sammlung der Landesbank Baden-Württemberg nun meiner eigenen Sehnsucht nach einem „gemeinsamen Nenner“ in der Kunst von TR. nachzugehen und sie zugleich zu kritisieren.
2. Zunächst sei also die Installation No need to fight about the channel. Together, lean back (1996) betrachtet, die Teil des Projekts Fragments of their pleasant spaces (in my fashionable version) (1997) ist, um sie dann mit der zuvor bereits erwähnten Arbeit One sowie mit dem Projekt Som-Tam-Poo (2004) in Bezug zu setzen. Stets habe ich diese Installation, die aus chicen, gelben Sitzmöbeln und zwei davor in weißen Kugeln angebrachten TV-Monitoren besteht, als ein hedonistisches Setting interpretiert, in dem es sowohl zu Interaktionen zwischen Objekten – den bequemen Möbeln und Unterhaltung bietenden TV-Apparaten – und den diese benutzenden Menschen kommt, wie zu solchen zwischen Künstler und Freunden von ihm. [...]
[1] Uta Grosenick (Hg.), Tobias Rehberger 1993–2008, Ausst.-Kat., Stedelijk Museum, Amsterdam, und Museum Ludwig, Köln, DuMont, Köln, 2008. [2] Lars Bang Larsen, „Leben und Tod der Dinge. Schauerromantische Deutung einer Retrospektive’ von Tobias Rehberger“, in: Grosenick 2008, S. 47ff. [3] Daniel Birnbaum, „Stuhl, Film, Lampe: Rehbergers Bastarde“, in: Grosenick 2008, S. 59ff. [4] Leontine Coelewij, „the chicken-and-egg-no-problem wall-painting. Interview Tobias Rehberger“, in: Grosenick 2008, S. 14. Die Kursivierung ist eine Hervorhebung des Autors.
Katalogauszug "Extended. Sammlung Landesbank Baden-Württemberg" Herausgeber: Lutz Casper, Gregor Jansen, erschienen im Kehrer Verlag Heidelberg, 2009
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Werke in der Ausstellung
Tobias Rehberger One, 1995/1998 Verschiedene Materialien und Blumen, 14-teilig Maße variabel
Tobias Rehberger Siena, 1997/2000 Stühle aus diversen Materialien Sockel: Holz und Kunststoff Tobias Rehberger 84 Jahre, 2001 Videobeamer, iBook, Programm-CD und Aktivboxen Maße variabel
Tobias Rehberger Maserati Version J, 2001/2003 Metall, Autolack und Maserati 140 x 200 x 500 cm
Tobias Rehberger Som-Tam-Poo, 2004 Handgefertigte Kopie des Mercedes Benz Prototyp C111 ca. 150 x 200 x 450 cm
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Tobias Rehberger Som-Tam-Poo 2004 Handgefertigte Kopie des Mercedes Benz Prototyp C111 ca. 150 x 200 x 450 cm © Tobias Rehberger Foto: Archiv Sammlung Landesbank Baden-Württemberg
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