Peter Zimmermann

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Margrit Brehm

Peter Zimmermann - Kunst als Konzept

Peter Zimmermann ist – mit Duchamp gesprochen – „ein malender Künstler“. Malerei ist ihm Mittel, Medium und Konzept. Seine Gemälde thematisieren das Bild in Relation zur Struktur und Wahrnehmung von Bildern, seine Verweisfunktion innerhalb einer gesellschaftlich und historisch determinierten Situation. In den vergangenen zehn Jahren hat der Künstler ein digitales Bildarchiv aufgebaut, aus dessen Bestand er die Motive für seine großformatigen Gemälde, aber auch für Stoffdrucke, Objekte und Rauminstallationen entwickelt.[1] Meist in der globalen Datenwelt des Internets gefundene Bilder von Gegenständen, Diagrammen, Strukturen, Fernsehbildern und vielem mehr, bearbeitet er mithilfe von standardisierten Grafikprogrammen. Die häufig bis zur Unkenntlichkeit veränderten Bilddateien werden dann in Epoxymalerei umgesetzt, deren verführerisch glänzende Oberflächen und scheinbar abstrakte Kompositionen nur in Ausnahmefällen noch Rückschlüsse auf die verwendete Vorlage und Genese des Bildes zulassen. Die Unmöglichkeit, den Prozess der Bildentstehung am fertigen Produkt nachvollziehen, also die visuelle Un-bedingtheit der hoch ästhetischen Epoxybilder bildet den Hauptunterschied zu den Arbeiten der späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre, als Zimmermann mit seiner konzeptuellen Arbeit am Bild begann. Damals war es insbesondere die Verweisfunktion, die für ihn im Vordergrund stand, zielten seine Arbeiten doch darauf, Kunstproduktion und -rezeption innerhalb des Betriebssystems Kunst kontextspezifisch zu thematisieren und das Bild auf seine ideologischen und manipulativen Implikationen hin zu untersuchen. Aus diesem im engsten Sinne der Kontextkunst verpflichteten Werkblock[2] stammen die Werke, die sich heute im Besitz der Landesbank Baden-Württemberg befinden.

Die Frage nach dem „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“[3] stellen die Coverbilder, bei denen Peter Zimmermann Umschlaggestaltungen von Ausstellungskatalogen oder Künstlermonografien als Ausgangspunkt für seine großformatigen Gemälde wählt. Ob der Künstler dabei ein Bild von Mark Rothko, Piet Mondrian oder – am häufigsten bei Zimmermann anzutreffen – Jackson Pollock präsentiert, nicht das Kunstwerk selbst, sondern die publikumswirksame Vermarktung der Heroen der Kunst des 20. Jahrhunderts, wird in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt. Das Faszinierende dabei ist, dass es dem Künstler gelingt, einen vielschichtigen Prozess sichtbar zu machen, an dessen Anfang und Ende nur scheinbar das gleiche Bild (als Motiv) steht. Bei der Vorbereitung eines Buches spielt für den Verlag das Originalgemälde kaum eine Rolle, da meist nur aus den verfügbaren Bildern (als Abbildungen) ein Motiv ausgesucht wird, das den Umschlag zieren soll. Die Anforderungen, die dabei an das Bild (als Reproduktion) gestellt werden, sind praktischer, strategischer und marktpsychologischer Natur: passendes Format, gute Qualität der Druckvorlage, hoher Kaufanreiz, Logo-Effekt für die Marke, die eine künstlerische Produktion darstellt, et cetera. Das Ergebnis dieser Entscheidungen (und Kompromisse), das in Massenauflage produzierte Cover, verwendete Zimmermann als Vorlage, die er maßstabsgerecht vergrößerte, um sie dann detailgenau in Epoxidharz auf Leinwand zu übertragen. [...]

[1] Zur Methode Zimmermanns vgl. Margrit Brehm, „Die Reflexion der Oberflächen“, in: Axel Heil und Wolfgang Schoppmann (Hg.), Peter Zimmermann. Epoxiology, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 2006, o. S.
[2] Zur Kontext-Kunst vgl. Peter Weibel (Hg.), Kontext Kunst, DuMont, Köln, 1994.
[3] Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, erstmals erschienen 1936, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1977.



Katalogauszug "Extended. Sammlung Landesbank Baden-Württemberg"
Herausgeber: Lutz Casper, Gregor Jansen, erschienen im Kehrer Verlag Heidelberg, 2009

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Werke in der Ausstellung

Peter Zimmermann
ohne Titel (Polyglott, Romantische Straße), 1992

Epoxidharz auf Leinwand
80 x 48 x 4 cm

Peter Zimmermann
ohne Titel (Polyglott, Stuttgart), 1992

Epoxidharz auf Leinwand
80 x 48 x 4 cm

Peter Zimmermann
ohne Titel (Polyglott, Nordschwarzwald), 1992

Epoxidharz auf Leinwand
200 x 120 x 8 cm

Peter Zimmermann
Wechselkurse, 1993

Karton, Siebdruck, Fotografie und constructiv PON von Burkhardt Leitner constructiv
Maße variabel

Peter Zimmermann
Plakatwand, 1993

35 Serigrafien aus dem Werk „Plakatwand“
verschiedene Maße

Peter Zimmermann
ohne Titel (Mondrian-Katalog), 1995

Epoxidharz auf Leinwand
200 x 150 x 8 cm

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